Revue 100

Durch turbulente Zeiten

Große Ereignisse warfen ihre Schatten voraus. Geschuldet dem inzwischen bedauernswerten Erscheinungsbild, erfolgten im Vorfeld der Steintor-Varieté-Jubiläumsfeierlichkeiten im Sommer 1988 Sanierungsarbeiten. Symbolträchtig erfuhren die Räumlichkeiten Aufwertung – in erster Linie durch Oberflächenkosmetik. Im schicksalsträchtigen Jahr des „40. Geburtstag der Republik“ galt es, den 100. Varietégeburtstag zu zelebrieren.

Bis in die 1980er Jahre waren die der Stadt Halle gewidmeten Revuen ein „Stadtmarketing“ der besonderen Art
Im real existierenden Varietéprogramm fand durchaus auch ein Armist der NVA seinen Platz

Unter den Argusaugen der sich leutselig wähnenden Politprominenz debütierte am Mittwoch, dem 1. Februar 1989 die eigens kreierte Jubiläumsrevue. Groß war die Gratulanten-Schar. Vor ausverkauftem Hause gestalteten aus gegebenem Anlass „International bekannte und bewährte Artisten unseres Landes (mit) Stargast Helena Vondrackowa aus der CSSR, Spitzenkönner der DDR-Unterhaltungskunst, sowie Musiker, Tänzer, Sänger und Kabarettisten aus unserem Bezirk (…) eine glanzvolle Jubiläumsrevue.“

Stars aus dem Westen wie Adamo oder Konstantin Wecker, aber auch die hauseigenen Weihnachtsrevuen lockten das Publikum in Strömen bis zum Ende der DDR

Getreu dem retrospektiv erwählten Motto: „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen“, sorgte das erste Quartal des 101. Steintor-Jahres neben der Revue 100 mit Big-Band-Konzerten, Jörg Hindemith – live, Ines Paulke und Band sowie Ziegler in Mode für gediegen-frische Unterhaltung. Auch die volkstümliche Musik kam zu ihrem Recht. Programme wie Im Krug zum grünen Kranze und Von der Moldau bis zur Saale! sowie Zora Kohútová und das südböhmische Blasorchester Kutilka sorgten für Stimmung und vielleicht für noch mehr Jubiläumslaune.

Bekanntermaßen hielt diese nicht lange an. Im Herbst 1989 überwogen andere Themen. Ein Jahr später gab es die DDR nicht mehr und die politischen Verhältnisse änderten sich abermals grundlegend. Der Varietébetrieb wurde wieder zur Domäne privaten Unternehmergeists.

Die kommenden turbulenten Jahre – es wurden fast derer sprichwörtlichen „sieben“ – schwankten zwischen Euphorie und drohendem Ende einer über 100-jährigen Tradition der heiteren Muse in Halle. Hinzu kam ein tatsächlicher Sanierungsstau. Über Jahrzehnte waren außer Reparaturen keine nennenswerten baulichen Grundinstandsetzungen erfolgt. Wie in vielen anderen Bereichen auch, war die Zukunft völlig offen.